Unser Pokal-Mannschafts-Tagebuch
Hatten wir unsere Abfahrt eigentlich für 9.30 Uhr geplant, mussten wir diese auf 10.30 Uhr verschieben, da Frank nicht ganz fertig war mit Packen seines Hausstandes einschließlich Abbau seines PC, der Verladung der Waschmaschine und des Kühlschranks. Glücklicherweise konnten wir ihn davon überzeugen, dass es in Bad Wildungen sicher laufend Wasser gibt und zumindest die Mitnahme der Badewanne überflüssig sein dürfte.
Dreilinden hinter uns gelassen, rauschten wir guter Dinge die A2 und die A7 hinunter und erreichten Bad Wildungen in gut vier Stunden. Von dem reichhaltigen Kurangebot Gebrauch gemacht, besuchten wir das örtliche Freizeitbad. Frank und Benni hatten natürlich nicht an Badesachen gedacht und wollten die Dorfmädels in ihrer von Gott gegebenen Schönheit erschrecken. Dies ließ die Dame an der Kasse jedoch nicht zu und verkaufte beiden Badehosen zu „Schnäppchenpreisen“. Das Dorf war somit gerettet. Gegen 19.00 Uhr haben wir uns noch einen ersten Eindruck von der Spielstätte gemacht. Lille und Ben hatten sich bei Betretung des Saales fast in die Hosen gesch….., Frank und ich empfanden das eher als selbstverständlich, spielen wir doch fast jede Woche in Sälen, die Platz für 16 Tische, eine Bühne und jede Menge Zuschauer bieten. Zum Abschluss des Abends habn wir noch das vom Verein zur Verfügung gestellte Benzingeld beim Essen verprasst.
Lille und Ben teilten sich die Honeymoon-Suite einschließlich Rosa-Bettwäsche. Wer da wohl wem die kalten Füße hingestreckt hat?
Lille versuchte Samstagmorgen mir einen Schrecken einzujagen: Rief er mich doch an und teilte mit, Ben hätte Lampenfieber und sich die ganze Nacht übergeben. Lille kennend, aber doch verunsichert erwiderte ich nur: „Netter Versuch, Lille!“
Nun war der große Moment gekommen: 10.00 Uhr, die Deutsche Meisterschaft 2005 war eröffnet.
1. Spiel: Berlin – Dortmund
Uns erwartete gleich die Bundesliga-Mannschaft von Lütgendortmund auf Tisch 7 (einer von insgesamt vier Finaltischen direkt vor der Bühne). Die Aufstellung stand bereits am Abend zuvor: Sven, Lille, Frank und Ben.
Ein gutes Spiel machend aber mit dem fehlenden Glück zum Abschluss verlor ich meine erste Begegnung 0:2. Nun war es an Lille. Lille wollte zunächst einmal wissen, wie gut sein Gegner ist und verschoss drei Mal seine letzte Kugel im ersten Spiel. Sehend, dass sein Gegner beeindruckt war von dieser Konstanz, gewann er diese Partie doch. 1:1. Frank konnte sich klar durchsetzen und die Partie für sich entscheiden, 2:1. Nun war der große Augenblick für unseren Nachrücker gekommen. Die ersten Bälle zu vorsichtig spielend verlor Ben knapp. BFC Fortuna Berlin gegen Dortmund 2:2.
Rückrundenaufstellung: Lille, Sven, Frank, Ben. Lille hat hier ein gutes Spiel abgegeben und uns verdient in die 3:2 Führung gebracht. Ich war dran, beim Stand von 1:1 wird mir „Fortuna“ erstmals gnädig und lässt für den Gegner einen sehr schwer auf Stellung 8 zu bringenden Ball liegen. Diesen gepottet verschießt er die im 90° Winkel liegende 8. Noch nie hatte ich so schwere vier Bälle zum Sieg liegen. Dann klingelte auch noch ausgerechnet das einzige im Saal befindliche Telefon, direkt an meinem Tisch. Ich wäre fast gestorben. Bälle und 8 umständlich eingeschossen, 4:2 für BFC Fortuna Berlin. Frank musste zwischenzeitlich an einem auf der anderen Seite des Saals liegenden Tisch sein Spiel beginnen. Frank liegt 0:1 zurück, hat aber im zweiten Spiel das Glück, dass die vom Gegner zu spielende 8 sehr foulverdächtig an seinen Kugeln liegt. Frank lässt einen Referee dazukommen, um spätere Diskussionen zu vermeiden. Der Gegner spielt die 8 ein und greift bereits in die Taschen, da auch dieser der Meinung war, er hätte ein Foul begangen und dieses Spiel verloren. Der Referee gibt das Spiel aber als gewonnen. Die Hoffnung lag nun bei Ben, der sich nach vielen schweren Bällen, die er alle schoss, ein vermeintlich leichte 8 hinlegte. Lille, Frank und ich standen ganz dicht bei einander. Dann der große Jubel von sechs Berlinern (Andreas Gerbsch und Wolfgang Richter haben uns die ganze Zeit unterstützt) und die erste Erleichterung.
Von nun an wurde auf zwei Tischen gespielt. Lille und ich begannen die Partien. Ich habe schlecht gespielt und verloren, Lille hat einen Schussfehler auf die letzte Kugel, verliert ebenfalls. 0:2. Frank wohl noch verärgert über die Fehlentscheidung kommt an den Tisch und macht zwei Break aus. 1:2. Ben verstellt sich in der entscheidenden Situation, zaubert aber einen Ball von der Kopfbande aus in die linke Mitteltasche. Die Weiße fest gespielt, läuft als Zugball von der Kopfbande abprallend an die lange Bande auf Stellung letzte Kugel. Sicher gepottet. Zwischenstand 2:2.
Rückrundenaufstellung: Lille, Frank, Sven, Ben. Lille spielt ein supergutes Brett runter, hat aber Pech und sieht die 8 nicht, da die Weiße unglücklich gleich hinter drei gegnerische Kugeln gelaufen ist. Man sah bereits den Gegner Kreiden und den Tisch verinnerlichen. Lille ließ sich aber nicht beirren und setzte einen Bogenstoß um die gegnerischen Kugeln auf die Fußbande an, um so den notwendigen Winkel auf der Bande zur 8 zu erhalten. Der Ball nimmt perfekt den Bogen, trifft die 8 und die schlendert ganz gelassen in die Ecktasche. Der Gegner hiervon beeindruckt, verschießt in der nächsten Partie gleich einen der ersten Bälle, Lille schießt aus. 3:2. Willi hatte schwere Tische zu liegen, hat sich aber gut herumgepuzzelt und führte bereits 1:0, als der Gegner in der zweiten Partie die letzte Kugel verschoss, die aber direkt in der Ecktasche Fuß rechts vor den Kugeln von Frank liegen blieb. Er spielte ein Safe, der Gegner versenkte aber mit Bogenstoß, 1:1.
Zwischenzeitlich hatte ich wieder mein Spiel aufgenommen und gewann 2:1, nachdem auch ich auf die letzte Kugel einen erfolgreichen Bogenstoß spielen musste. 4:2 Führung BFC Fortuna Berlin. Da Frank nun auch auf die letzten Kugeln spielte, wartete Ben ab. Frank – ganz abgeklärt – versenkte die letzten Kugeln zum Sieg. 5:2.
3. Spiel: Berlin – Chemnitz
Leider war uns nun klar, dass wir eine gute Chance hatten ins Halbfinale zu kommen. Schließlich hatten wir nicht die ganz üblen Brocken Osnabrück oder BFC Fortuna Bexbach als Gegner.
Wieder haben Lille und ich vorn gespielt. Lille hatte in diesem Spiel erste Ermühdungserscheinungen, welche der Gegner zum Sieg ausnutzte. 0:1. Ich spielte ein Break-Aus und sodann in der zweiten Partie ein gutes Safe, welches es mir ermöglichte im direkten Anschluss erneut auszumachen. 1:1. Frank konnte die einzige ihm gegebene Chance nicht nutzen und verlor gegen einen gut spielenden Gegner. 1:2. Ben zeigte aber gleich, dass mit uns weiter zu rechnen sei und schoss zwei Break-Aus. 2:2. Dann haben wir die Aufstellung geändert, weil wir – bis auf Ben zunächst – der Meinung waren, er solle auch von vorne spielen, da er gerade im Lauf sei. Dies hat sich auch zunächst bewahrheitet. Ben schoss erneut das 1. Spiel aus. Leider fehlte ihm das Glück und das entscheidende gute Brett, um diesen Satz für sich entscheiden zu können. 2:3. Lille lag bereits 0:1 zurück und hatte ein schon verloren geglaubtes Spiel auf dem Tisch zu liegen. Um eine seiner vollen Kugeln an der Fußbande lagen sämtliche gegnerische Kugeln. Mit den einzigen beiden verbleibenden Bällen an der Kopfbande war ein Trennen bzw. ein Stellungsspiel utopisch. Lille entschied sich für ein Safe. Zwar traf der Gegner seine Kugel, die Weiße lief jedoch in die Tasche. Nun konnte Lille mit Ball in Hand diese Kugel wegspielen und den Satz doch noch für sich entscheiden. 3:3. Frank lag inzwischen 0:1 zurück und konnte leider die letzte Kugel zum 1:1 nicht versenken und hatte nun auch eine wenig aussichtsvolle Situation auf dem Tisch. Einen schwer liegenden Tisch konnte ich nicht ausschießen. Dies nutzte mein Gegner zum 0:1 aus. Leider hatte Frank am Nebentisch gerade auch die zweite Partie verloren. 3:4. Nun war der Druck doppelt so hoch für mich. Mein Gegner verschoss die letzte Kugel, ließ mir jedoch zwei schwere Bällen liegen. Allein die Entscheidung, welchen Ball ich spiele, dauerte bestimmt drei Minuten. Die Entscheidung und die Ausführung gut, schoss ich beide Bälle ein, ließ mir jedoch eine gerade 8 über den ganzen Tisch an der Bande entlang liegen. Diesen Ball konnte ich nicht versenken und war hierüber mehr als enttäuscht. Am meisten tat es mir auch für die Mannschaft leid, da wir zumindest noch die Chance auf eine Verlängerung und somit auf den Einzug ins Halbfinale gehabt hätten.
Letztlich haben wir uns alle gut geschlagen und können mit dem Ergebnis zufrieden sein.
(Sven Kühn)